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Tourenbericht:
Freeriden Jura

Freerider, wo ward ihr?
Eine Freeridetour im Jura ohne Rider!

Was im Jura fast zum Standard und zur grossen Ungewissheit gehört, ja den Tourenhammel beinahe zur Verzweiflung bringen kann: Die Schneemenge ist mehr ein Glücks- oder Zufallsfaktor als berechenbar.

Trotzdem; eine Sektiönlerin, ein Ex-JO-ler und meine kleine Wenigkeit wagten es und konnten das Weiss im Val de Travers kaum erwarten. Wir warteten lange und bald kamen die ersten Zweifel auf, ob’s überhaupt noch irgendwelche weissen Flecken gäbe. Der letzte Wärmeeinbruch liess den letzten Schnee in der Areuse (Bach im Val de Travers) verschwinden und die Wiesen präsentierten sich in sattem Grün (…nicht zu verwechseln mit der grünen Fee!)!

Zu unserer Ehre wurde bei der Talstation der rote Teppich ausgerollt, als wären wir heute die einzigen Gäste. Immer wieder die Frage, ob wir zur Vorhut der Trophée du Chasseron gehörten und uns fürs sonntägliche Vergnügen vorbereiten würden.
Die alten Sessel knallten unbarmherzig in die Kniekehle und hoben uns Passagiere in voller Geschwindigkeit in die Höhe. Unter den Füssen, bzw. unter dem Sessel immer noch kein Schnee! Ab 1000m kam endlich die Erlösung und schon bei der Bergstation von La Robella: Eine geschlossene Schneedecke mit Neuschnee. Die letzten Höhenmeter schwebten wir bequem durch die verzauberte Winterwelt der Crêt de la Neige entgegen, wo uns ein bitter kalter Westwind herzlich um die Ohren heulte.

Die erste Abfahrt stand bevor und ich kämpfte gegen den Unwillen meiner Jura-Skis (Spaghetti-Latten); nur widerspenstig liessen sich elegante Spuren in den frisch verschneiten Hang ziehen, und ich war froh, dass niemand meine akrobatischen Einlagen beobachtete.

Der Gegenaufstieg zur Schneise südwestlich des Chasseron brachte die normalen Körpertemperaturen zurück und unter dem Druck der vielen Collants-Bibete (Tourenläufer) ging’s in ordentlichen Tempo den Berg hoch. Bald verdunkelte sich der Himmel, die ersten Nebelfetzen hüllten uns ein, es wurde immer frischer und wir zogen wieder Schicht um Schicht über den fröstelnden Körper.

Das Gipfelpanorama konnten wir nur anhand der Panoramatafel in weiter Ferne erahnen und die Diskussionen, wo was den genau wäre, verlegten wir in rekordverdächtigem Tempo gleich in die Gipfelbeiz.

Das GPS leitete uns in die mögliche Waldschneise, wo’s angeblich einen Durchgang und ausreichend Platz für „Spaghetti-Fahrer“ gäbe. Kurz nach dem Abtauchen in den Wald knallte es bereits im Unterholz und drei lachende Gesichter tauchten aus der Schneemasse auf: Wenn das nur gut enden wird!

Ab Les Rasses zogen uns zwei Skilifte wieder 600 Höhenmeter hinauf in den Nebel und Wind. Das Angebot war verlockend günstig, dafür gab’s kalte Finger und Füsse. ebenfalls gratis dazu. Der Durchlass war schnell gefunden und schon huschten wir nördlich über die Krete in die Tiefe von Le Sallier. Der Einstieg war steil und abenteuerlich dazu. Nach wenigen Kurven hatten auch wir „alles im Griff“ und genossen unsere Schwünge durch den unberührten Schnee.

Die letzten 350 Höhenmeter brachte uns wieder hinauf zum letzten Gipfel Le Cochet. Erneut viel Wind und keine Aussicht; nur ein Heulen des Windes um das nahe Gipfelkreuz und Steigfelle, die uns bei der Demontage gleich um die Ohren flatterten.

Von der Ferne hörten wir immer wieder musikalische Töne von „Guggen“. Wir wollten dies im tiefsten Jura kaum wahrhaben und schon kamen Zweifel an unserer geistigen Unversehrtheit auf: Wer soll da, im tiefsten Jura, solche Klänge spielen?

Die ersten Kurven sahen noch recht ordentlich aus und in flotten Tempo ging’s hinunter nach Ste-Croix. Meter um Meter kamen wir in tiefere und wärmere Luftschichten und aus dem Schneefall wurde Regen. Der Schnee verwandelte sich in eine klebende Betonmasse und nur in direkter Linie waren die letzten Meter zu bewältigen.

In der kleinen Bahnhofhalle spielte eine „Gugge“ in Vollformation auf und ohne Verlust wurden wir und der Winter vertrieben.

Weitere Angaben zur Tour und wer war dabei:
• Claudine Wernli (Sekt.)
• Etienne Kaiser (ex.-JO-ler)
• Tom …. als Leithammel

• Aufstieg: 900m
• Abfahrt: 1700m
• Wetter: Kräftiger kalter Westwind, Wolken und Nebel.
• Schnee: ab rund 1200m genügend und zum Teil Pulverschnee, nachmittags Erwärmung und schwerer Schnee; gegen Ste-Croix sehr nass und Klebriger.
• Route: Ab Buttes mit Sessel- und Skilift zur Crêt de la Neige, Abfahrt nach La Dénériaz Dessus/La Dénériaz (Bach), Gegenaufstieg nw vom Chasseron zur Alpe La Merla-Krete (sw Chasseron)-Chasseron, Mittagesssen im Gipfelbeiz, Abfahrt nach Les Rasses (Talstation Skilifte), mit Teller- u. Skilift auf Petites Roches, sw vom Gipfel durch Scharte und durch steilen Abhang hinunter und Querung nach Le Sollier und weiter hinunter zu P1217, Gegenaufstieg über Les Auges zum Le Cochet, Abfahrt nach Ste-Croix, Heimreise mit Zug über Yverdon nach Basel.